10.07.2025
Chancen und Risiken von KI im Betrieb

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von
Redaktion
2 min. Lesezeit

 

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst nicht mehr Zukunftsmusik, sondern bereits heute ein fester Bestandteil vieler Unternehmensprozesse. Doch mit der Technologie wachsen auch die rechtlichen Anforderungen. Erfahren Sie, warum Arbeitgeber und Betriebsräte jetzt handeln sollten, um Innovation und Rechtssicherheit miteinander zu verbinden.

Künstliche Intelligenz im Unternehmen: Der Status Quo

KI-Software Systeme optimieren Abläufe, analysieren Daten und treffen sogar Vorentscheidungen – ob im Recruiting, in der Personalentwicklung oder bei der Schichtplanung. Diese Entwicklungen eröffnen enorme Chancen für Unternehmen, werfen jedoch auch zentrale Fragen auf: Darf ein KI-System ohne Weiteres eingeführt werden? Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen sind zu beachten?

Die aktuelle Lage lässt sich auf drei Kernpunkte bringen:

  • Datenschutz: Die DSGVO und das BDSG gelten uneingeschränkt auch für KI-basierte Systeme. Unternehmen müssen sicherstellen, dass alle eingesetzten Algorithmen personenbezogene Daten rechtmäßig verarbeiten.
  • Betriebsverfassungsrecht: da KI grundsätzlich das Verhalten der Arbeitnehmenden zu beeinflussen und dazu geeignet ist, Verhalten oder Leistung von Beschäftigten zu überwachen oder zu bewerten, besteht ein zwingendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG.
  • EU AI Act: Ab 2026 werden mit dem europäischen KI-Gesetz (EU AI Act) deutlich strengere Vorgaben gelten – insbesondere für HR-Systeme, die Personalentscheidungen beeinflussen.

KI und Mitbestimmung durch den Betriebsrat

Die Antwort auf die Frage, ob der Betriebsrat bei der Einführung von KI-Systemen beteiligt werden muss, lautet eindeutig: Ja. Der Gesetzgeber hat mit § 87 Abs. 1 Nr. 1 und  6 BetrVG einen klaren Rahmen geschaffen. Darüber hinaus stärkt § 80 Abs. 3 BetrVG seit 2021 die Mitbestimmungsrechte noch einmal erheblich: Der Betriebsrat ist ausdrücklich berechtigt, externe Sachverständige – z.B. uns als fachkundige Anwälte – hinzuzuziehen, wenn Künstliche Intelligenz im Unternehmen eingeführt wird.

Für Arbeitgeber bedeutet das in der Praxis:

  • Der Betriebsrat muss frühzeitig und umfassend in die Planung eingebunden werden.
  • Unternehmen sind verpflichtet, Transparenz über Funktionsweise, Datengrundlagen und Entscheidungslogik der eingesetzten KI-Systeme herzustellen.
  • Ohne Mitbestimmung droht nicht nur ein Verstoß gegen das BetrVG, sondern auch die Unwirksamkeit entsprechender Maßnahmen, bin hin zu einem Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung der Nutzung.

Wie Arbeitgeber und Betriebsrat reagieren sollten

Die Einführung von KI-Systemen ist nicht nur eine technische, sondern vor allem eine strategische und rechtliche Aufgabe. Arbeitgeber und Betriebsrat sollten daher eng zusammenarbeiten:

  • Proaktives Handeln: Je früher rechtliche Leitplanken gesetzt werden, desto geringer das Konfliktpotenzial.
  • Gemeinsame Standards: Klare Regelungen zur Datenverwendung, Transparenz und Kontrolle schaffen Vertrauen und Rechtssicherheit.
  • Schulung und Qualifizierung: Sowohl Betriebsratsmitglieder als auch Führungskräfte und betroffene Arbeitnehmenden sollten das notwendige Know-how erwerben, um KI-Systeme bewerten und verantwortungsvoll einsetzen zu können.
  • Dokumentation: Alle Prozesse rund um die Einführung und Nutzung von KI sollten lückenlos dokumentiert werden, um Compliance-Nachweise zu sichern.

Wie ist die aktuelle Rechtslage?

Die rechtlichen Grundlagen lassen sich derzeit auf vier Säulen stützen:

  • Betriebsverfassung: Mitbestimmungspflicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei allen KI-Systemen, die Verhalten oder Leistung von Beschäftigten betreffen.
  • Datenschutz: Vollumfängliche Anwendung von DSGVO und BDSG auf KI-Systeme, insbesondere in HR-Prozessen.
  • EU AI Act: Neue europäische Regulierung mit weitreichenden Anforderungen, insbesondere für Personalentscheidungen, ab 2026.
  • Rechtsprechung: Erste Arbeitsgerichtsurteile betonen die Pflicht zur Transparenz und umfassenden Beteiligung des Betriebsrats.

Eine individuelle Betriebsvereinbarung IT/KI erstellen

Um Innovation und Rechtssicherheit miteinander zu verbinden, empfehlen wir die Erstellung einer maßgeschneiderten, verbundene Betriebsvereinbarung zu IT- und KI-Systemen. Diese sollte unter anderem regeln:

  • Definition: Welche Systeme fallen unter die Vereinbarung?
  • Datenverwendung: Zweckbindung, Speicherdauer, Löschfristen.
  • Datenschutz insbes. Datenminimierung, Transparenz und Speicherbegrenzung
  • Absicherung der Arbeitnehmenden gegen unzulässige Überwachung, Leistungs- und Verhaltenskontrolle
  • Transparenzpflichten: Offenlegung der Funktionsweise sowie Audit-Möglichkeiten für den Betriebsrat, sowie Metbestimmung bei Fortbildungsmaßnahmen nach § 97 BetrVG
  • Mitbestimmungsrechte: Frühzeitige Einbindung des Betriebsrats und ggf. Hinzuziehung von Sachverständigen.
  • Notfallmechanismen: Klare Regeln für den Fall von Fehlfunktionen oder unerwarteten Ergebnissen.

 

Eine solche Vereinbarung schützt nicht nur die Beschäftigten, sondern auch das Unternehmen selbst, da sie klare Prozesse und Verantwortlichkeiten schafft.

Fazit

Künstliche Intelligenz ist ein Innovationsmotor und eine Chance für die Zukunft – aber nur, wenn sie auf einem rechtssicheren Fundament steht. Unternehmen, die schon heute gemeinsam mit dem Betriebsrat transparente Strukturen schaffen, sind nicht nur für den kommenden EU AI Act gerüstet, sondern auch technologisch und arbeitsrechtlich einen Schritt voraus.

Wir – das Arbeitsrechtsteam von rechtsinformer Rechtsanwälte – begleitet sie als Unternehmer oder Betriebsrat bei der rechtssicheren Gestaltung maßgeschneiderter Betriebsvereinbarung.
Autor
RA Stefan Pflug Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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