Das hat der G-BA beschlossen
Die Liposuktion zur Behandlung des Lipödems wird künftig dauerhaft von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen – unabhängig vom Krankheitsstadium. Mit seinem Beschluss hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 17. Juli 2025 eine wegweisende Entscheidung getroffen, die den bisherigen Übergangsregelungen ein Ende setzen wird. Bisher war die Kostenübernahme auf Stadium III beschränkt und zudem befristet. Der neue Leistungsanspruch gilt künftig auch für Patientinnen in früheren Stadien, sofern medizinisch indiziert und die Qualitätsanforderungen erfüllt sind. Grundlage der Entscheidung ist die LIPLEG-Studie, deren erste Ergebnisse einen klaren Vorteil der operativen Behandlung gegenüber der rein konservativen Therapie belegen. Für betroffene Frauen bringt dieser Beschluss mehr Klarheit, bessere Planbarkeit – und eine Perspektive auf dauerhafte Linderung.
“Mit dem vorliegenden Beschluss wird eine verlässliche Perspektive auf die Liposuktion als Regelleistung geschaffen, die betroffenen Frauen unabhängig vom Stadium der Erkrankung zugutekommt.”
– Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), Pressemitteilung vom 17.07.2025
Ab wann gilt der neue Leistungsanspruch?
Der Beschluss tritt in Kraft, sobald das Bundesministerium für Gesundheit ihn nicht beanstandet und die Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgt ist. Dies wird voraussichtlich im Herbst 2025 der Fall sein. Während stationäre Eingriffe bereits ab diesem Zeitpunkt über die Kassen abgerechnet werden können – sofern die Voraussetzungen der Qualitätssicherung erfüllt sind – gestaltet sich die Situation bei ambulanten Eingriffen leider dann immer noch schwierig. Hier ist die Einführung einer passenden EBM-Ziffer erforderlich. Dabei handelt es sich um eine Abrechnungsziffer im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM), dem Vergütungssystem für ambulante ärztliche Leistungen in Deutschland. Erst mit einer solchen Ziffer können Ärztinnen und Ärzte die Leistung korrekt über die gesetzliche Krankenversicherung abrechnen. Diese wird nach Einschätzung des G-BA zum 1. Januar 2026 vorliegen. Damit ergibt sich für viele Betroffene eine Übergangsphase, in der die Wahl des Leistungsorts und der Zeitpunkt der Antragstellung sorgfältig geplant werden sollte.
Auswirkungen für Betroffene: Differenzierung zwischen Altfällen und Neufällen
Der neue Beschluss betrifft in erster Linie Fälle, in denen eine ambulante Behandlung noch nicht stattgefunden hat. In der Zwischenzeit kann es sinnvoll sein, direkt bei der eigenen Krankenkasse nachzufragen, ob bereits vor dem offiziellen Inkrafttreten eine kulante Einzelfallregelung möglich ist. Sollte dies nicht der Fall sein, empfiehlt es sich, mit dem Antrag bis zum Beginn des kommenden Jahres zu warten, wenn die Abrechnungsmöglichkeit über die EBM-Ziffer voraussichtlich zur Verfügung steht.
Für sogenannte „Altfälle“ – also Patientinnen, bei denen bereits eine Liposuktion genehmigt oder begonnen wurde – bedeutet der neue Beschluss vor allem eins: Planungssicherheit. Zugleich muss sich jedoch erst zeigen, wie die einzelnen Krankenkassen mit diesen Fällen umgehen werden. Es ist derzeit noch nicht einheitlich geklärt, ob alle Kassen bereits begonnene Behandlungen dann kostenmäßig übernehmen oder ob einzelne Kostenträger eine Behandlung erst ab 2026 auf Grundlage der EBM-Ziffer anerkennen werden. Hier empfielht sich die anwaltliche Beratung und Vertretung.
Für Neufälle – also Betroffene, bei denen gerade erst eine Lipödem-Diagnose gestellt wurde – rückt die Kostenübernahme für eine Liposuktion jedenfalls in greifbare Nähe. Voraussetzung bleibt jedoch aller Voraussicht nach ein konservativer Therapieversuch, der mindestens sechs Monate umfassen und dokumentiert sein muss. Dazu gehören etwa Kompressionstherapie, manuelle Lymphdrainage und Bewegung. Erst wenn diese Maßnahmen nachweislich nicht den gewünschten Erfolg bringen, kann eine Liposuktion als nächste Behandlungsstufe in Betracht gezogen werden. Auch hier gilt: Eine gründliche Dokumentation der bisherigen Behandlung ist ratsam, um bei der Krankenkasse erfolgreich einen Antrag stellen zu können.
Qualitätssicherung bleibt verpflichtend
Auch mit der dauerhaften Aufnahme der Liposuktion in den GKV-Leistungskatalog gelten weiterhin strenge Anforderungen an die Qualität der Behandlung. Der G-BA knüpft die Kostenübernahme an klar definierte medizinische Standards. Dazu zählt, dass die Indikation ausschließlich durch qualifizierte Fachärztinnen und Fachärzte gestellt werden darf. Außerdem müssen die behandelten Körperregionen sowie das abgesaugte Fettvolumen exakt dokumentiert werden. Pro Eingriff darf eine bestimmte Menge Fett nicht überschritten werden, es sei denn, es liegt eine medizinisch begründete Ausnahme vor – etwa bei verlängerter stationärer Überwachung. Auch die Nachsorge ist geregelt und muss strukturiert erfolgen. Für Kliniken und Praxen bedeutet das: Nur wer die Vorgaben zur Qualitätssicherung vollständig erfüllt, kann eine Abrechnung über die gesetzliche Krankenkasse erwarten.
Unser Tipp: Antrag und Klinikwahl frühzeitig vorbereiten
Die aktuelle Entscheidung des G-BA bietet für viele Patientinnen eine neue Perspektive – und gleichzeitig Anlass, aktiv zu werden. Sobald der Beschluss in Kraft ist und – im Falle ambulanter OPs – eine entsprechende EBM-Ziffer vorliegt, kann der Antrag auf Kostenübernahme gezielt gestellt werden. Für bereits begonnene Behandlungen ist abzuwarten, wie die einzelnen Krankenkassen damit umgehen werden. Hier ist die rechtliche Unterstützung und anwaltliche Begleitung sinnvoll.